CRM Rettungsdienst / Human Factors Krankenhaus

CRM Rettungsdienst / Human Factors Krankenhaus

Mit Human Factors Wissen aus Fehlern lernen

Fehler passieren, immer und überall. Auch in der Medizin. Dafür sorgen Dokumentationsmängel, systemische Schwachstellen in den Prozessen sowie nicht zuletzt der Faktor Mensch. Dies betrifft Ärzte sowie Beschäftigte in Pflege, Labore und Rettungsdienste gleichermaßen.

Dabei kommen gemäß des Eisberg-Modells der Fehlerforschung auf einen schweren und 10 leichte Unfälle über der Wasseroberfläche rund 30 nur für den Insider erkennbare Zwischenfälle sowie etwa 600 von den Beteiligten oftmals gar nicht wahrgenommene unsichere Handlungen unter dem Wasser. Ist das Ziel nun die Minimierung der Fehler über der Wasseroberfläche, müssen zunächst jene unter Wasser reduziert werden.

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass der Faktor Mensch (Human Factors) zu etwa 70 – 80 % Prozent aller schweren Vorkommnisse in der Medizin maßgeblich zur Fehlerentstehung beiträgt.

Fehlerursachen – Die Rolle von Human Factors in der Medizin

Die Ursachen liegen aber nur selten in mangelndem Fachwissen oder dessen unzureichender Umsetzung. In den komplexen Strukturen hocharbeitsteiliger Prozesse mangelt es den Ärzten, Pflegekräften und Mitarbeiter im Rettungsdienst an systemischen Informationen. Auch kann Führung nicht immer dort erfolgen, wo sie gerade gebraucht wird – dennoch müssen ständig Entscheidungen getroffen werden.

Aus solchen Situationen heraus ähneln sich die Fehlermuster: ineffektive Kommunikation, schlechte Teaminteraktion, Druck, Stress und Hektik, soziale Normen (insbesondere starke Hierarchien), mangelndes Problembewusstsein und unzureichende Durchsetzungsfähigkeit.

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Das Dirty Dozen (nach Gordon Dupont):

    Die kanadische Luftfahrtbehörde hat in den 1980er Jahren die Ursachen schwerer Flugunfälle untersucht und daraus das Dirty Dozen-Konzept der häufigsten menschlichen Fehler identifiziert. Sie gelten nicht nur in der Luftfahrt, sondern auch im Krankenhaus, in der Notfallmedizin und in der Pflege:

     

    Human Factors Medizin - Dirty Dozen Konzept - Patientensicherheit

      Mitarbeiter stoßen hier an die Grenzen ihres Leistungsvermögens (Human Limitations). Fehler entstehen, die Patientensicherheit steht nicht mehr im Vordergrund.

      Vergleichbare Vorkommnisse gibt es auch im Krankenhaus, im Rettungsdienst bzw. in der Notfallmedizin. Die meisten Ärzte, Rettungskräfte und Pfleger werden sich an vergleichbare Situationen erinnern. Schließlich ähneln sich die Arbeitswelten. Häufig können branchenunabhängig ähnliche Fehlermuster und -quellen ausgemacht werden. Die Risiken sind bekannt, sie geraten aber in der täglichen Praxis in den gedanklichen Hintergrund. Einige werden Sie möglicherweise als Binsenweisheiten abtun. Aber auch diese Maßnahmen müssen Sie umsetzen, wenn Sie durch Human Factors bedingte Fehler reduzieren wollen. In der täglichen Praxis erfordert die Umsetzung gerade bei den Selbstverständlichkeiten harte Arbeit an sich selbst und am Team.

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      Absturz von Eastern Airlines Flug 401

      Diese zwölf Schwachstellen des Dirty Dozen können im schlimmsten Fall grundsätzlich leicht vermeidbare Unglücke auslösen wie beispielsweise den Absturz von Eastern Airlines Flug 401 mit 75 Todesopfern rund 30 km vor dem Flughafen Miami in die Everglades.

      Die erfahrene dreiköpfige Cockpit-Crew hatte sich auf eine defekte Fahrwerksanzeige konzentriert und in der Dunkelheit nicht gemerkt, dass sie in ihrer Warteschleife an Höhe verloren. Der Fluglotse, der den Höhenverlust bemerkt hatte, kontaktierte die Crew mit “Bei euch alles ok?”, sprach den Höhenverlust aber nicht konkret an. Als den Piloten ihr Fehlverhalten bewusst wurde, war es bereits zu spät, um das Flugzeug zu retten.

      Die gesamte Cockpitbesatzung kümmerte sich um ein kritisches, aber nicht existenzielles Problem und vernachlässigte dabei ihre Hauptaufgabe: das Fliegen. Nicht einmal das Nachfragen des Fluglotsen ließ die Piloten ihr Fehlverhalten bemerken.

      Ansatzpunkte zur Vermeidung menschlicher Fehler

      Hier setzen medizinische Human Factors Trainings bzw. das Crisis Ressource Management (CRM) an.  Denn auch wenn Fehler menschlich sind, müssen wir an uns arbeiten, um die Fehlerquote zu minimieren. Dies ist in erster Linie eine Frage der Patientensicherheit. Es handelt sich aber auch um einen Kostenaspekt und damit um eine Frage des langfristigen Organisationserfolgs! Nicht zuletzt zeigt die Arbeit an uns selbst unser Fehlerbewusstsein und unseren Verbesserungswillen.

      Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Aufgabenkomplexität einerseits sowie mehr Schnittstellen und mehr anspruchsvolle Technik andererseits gewinnt die Auseinandersetzung mit den Human Factors gerade in der Medizin eine stetig wachsende Bedeutung.

      Eine wesentliche Rolle spielen hier Human Factors Trainings sowie CRM Trainings zum Crisis Resource Management (so wie unser Human Factors E-Learning).

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      Interpersonelle Fähigkeiten

      Ein erheblicher Teil dieser Trainings liegt auf der Verbesserung sog. interpersoneller Fähigkeiten. Hier geht es um das Verhalten des Menschen im Umgang mit anderen. Dies beinhaltet:

      • Teamwork
      • Kommunikation
      • Entscheidungsfindung
      • Führung
      • Konfliktmanagement
      • Soziales Umfeld

       Während Fachwissen meist gut trainiert wird und auch die internen Abläufe mindestens grob bekannt sind, kommt die systematische Anwendung interpersoneller Fähigkeiten in den Trainingsplänen meist zu kurz. Interpersonelle Kompetenz ist daher im betrieblichen Alltag meist noch nicht ausreichend vorhanden.

      Zu sehr arbeiten die Beteiligten nebeneinander vor sich hin, anstatt abgestimmt im Team zu agieren. Für jeden deutlich wird solches Verhalten in Simulationstrainings von realen Fällen, in deren Zuge die Beteiligten selbst merken, dass sie nicht hinreichend kommunizieren, da wesentliche Informationen unter den Teilnehmern nicht ausgetauscht werden. Ob im Training oder im betrieblichen Alltag – es ist nur selten mutwillige Zurückhaltung im Spiel.

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      Weitere nützliche Human Factors Informationen!

      Sie suchen Basis-Informationen zu Human Factors, menschliche Fehlern / Dirty Dozen sowie Ursachen von Human Factors Unfällen? Weiteres nützliches Wissen:

      Besonders deutlich wird dies im Bereich Kommunikation und Teamwork. Jedem sind die folgenden Ausflüchte bekannt:

      • Das ist doch eine Basisinformation, ich dachte das wäre längst bekannt.
      • War das wirklich so wichtig?
      • Das wurde doch im Meeting so geäußert, als wir alle dabei waren.
      • Der Patient hat dies nicht explizit gesagt, aber mir war klar, was er meinte, auch wenn er es nicht genau so ausdrückte.
      • Die Information hatte ich doch weitergeleitet.
      • Das habe ich in der Patientenakte erfasst, es hat nur sonst keiner gelesen.
      • Oh, das hatte ich vergessen, in die Runde zu geben.

      Die Zauberworte lauten hier Abstimmung und Teamwork. Alle beteiligten Akteure müssen ihre Informationen systematisch austauschen wollen und können. Es darf daher nicht nur der extrovertierte, wortgewaltige Chefarzt zu Wort kommen, sondern auch der schweigsame Anästhesist oder der Assistenzarzt. Gute Teamabstimmungen zeichnen sich dadurch aus, dass auch die OP-Schwester ihr langjähriges Wissen einbringen kann oder dass der viel zu spät kommende Oberarzt mit seinen Fachkenntnissen noch zu Wort kommt. Während dabei Vielredner eher zu bremsen sind, müssen andere Teammitglieder oft explizit aufgefordert werden, ihr Wissen zu teilen.

      Fehlerkultur – Human Errors nachhaltig abstellen

      Einen wichtigen Bestandteil in der Auseinandersetzung mit Human Factors bildet auch die betriebliche Fehlerkultur. Ziel ist ein Wandel in den Köpfen der Beteiligten. In vielen Organisationen führt die systematische Fehlerreflexion noch immer ein Schattendasein.

      Für die erfolgreiche Implementierung eines Crisis Resource Managements (CRM) ist zudem parallel die Etablierung einer Fehlerkultur notwendig. Im medizinischen Alltag werden Fehler gern übersehen, ignoriert oder allzu schnell behoben. Dies hat zwar den Vorteil, dass sich der Blick rasch wieder auf die eigentlichen Aufgaben und die Patienten richtet. Jedoch werden so die tieferen Ursachen, Häufungen oder Ähnlichkeiten im Fehlermuster außer Acht gelassen. In einem solchen Umfeld ist es kaum möglich, nachhaltige Verbesserungen oder Lerneffekte zu erzielen.

      Dieses Denken ist jedoch teuer. Es führt dazu, dass zwar Fehler, nicht aber deren Ursachen behoben werden. Das erneute Auftreten gleicher oder ähnlicher Fehler ist so nur eine Frage der Zeit. Gerade in der Medizin und hier in Krankenhäusern und im Rettungsdienst muss ein Betriebsklima herrschen, in dem es erlaubt ist, Fehler offen anzusprechen und zu thematisieren, ohne dass auf Personen, die sich fehlerhaft verhalten haben, „mit Fingern gezeigt“ wird. Eine strafende Fehlerkultur beinhaltet das Risiko, dass Fehler verschwiegen und vertuscht, schlimmstenfalls wegen mangelnder Kommunikation sogar wiederholt werden. Fehler müssen als Erkenntnisgewinn zur Verbesserung gesehen werden. Die Führung muss Fehler daher durch systematische Ursachenanalysen aktiv angehen.

      Teile dieses Textes sind Hinsch et al. (2016) „Erfolgsfaktoren Effizienz und Sicherheit – Was die Medizin von der Luftfahrt lernen kann“ entnommen.